Vonovia hält an Fantasiezuschlägen bei Mieterhöhungen fest –Gerichtsverfahren unterstützen!

Vonovia hat seit Februar in vielen ihrer über 20.000 Wohnungen in Dortmund Mieterhöhungen nach dem neuen Dortmunder Mietspiegel verschickt. Häufig enthalten diese Zuschläge, die der Mietspiegel nicht kennt, nach Ansicht der Dortmunder DMB Mietervereine handelt es sich um Fantasiezuschläge[i].

Der Mieterverein Dortmund und Umgebung e.V. (DMB) und der DMB Mieterbund Dortmund e.V., Mieterschutzverein vertreten mehrere Vonovia Mieter, die sich gegen diese Zuschläge wehren und den Mieterhöhungen nur bis zur Höhe des zur Baualtersklasse und Ausstattung passenden Mittelwertes des Dortmunder Mietspiegels zugestimmt haben. Die Vereinsmitglieder haben gegenüber Vonovia die Fantasiezuschläge als unbegründet zurückgewiesen und im Gegenzug zudem hilfsweise wertmindernde Merkmale zum Ausgleich genannt.

Nun liegen in zahlreichen Fällen die Antwortschreiben der Vonovia vor. Öffentlich  und in Schreiben an Mieter, weist Vonovia darauf hin, dass auch entsprechend wertmindernde Abschläge berücksichtigt werden könnten[ii]. Dies ist nach Wahrnehmung der Mietervereine aber nicht der Fall. Tragen Mieter entsprechende Nachteile auf, werden diese mit fadenscheinigen Begründungen zurückgewiesen (s. Anlage). Vonovia droht den betroffenen Mietern nun mit Klage auf Zustimmung zur Mieterhöhung

Bundesweites Modell

Bundesweit beobachten Mietervereine ein entsprechendes Vorgehen der Vonovia. Vorstandsvorsitzender Rolf Buch spekulierte zudem öffentlich darüber, dass die Steigerungen so gerine sein, dass der Berliner Mietspiegel manipuliert worden wäre (siehe Tagesspiegel vom 22.01.2025).In Berlin wurden vermeintliche Zuschläge für Nähe zu ÖPNV und gute Einkaufslage bereits allerdings mehrfach von Amtsgerichten zurückgewiesen[iii]. Auch aus Hamburg liegt ein Urteil des Amtsgerichts Barmbek (824 C 144/24) vor, dass einen entsprechenden Versuch zurückweist.

Wie Dortmunder Gerichte entscheiden werden, ist noch unklar. Für betroffene Mieter bedeutet dies eine hohe Unsicherheit in den Verfahren. Die Dortmunder DMB-Mietervereine gehen davon aus, dass Vonovia darauf spekuliert, dass daher ein Großteil der Mieter zustimmen wird.

Bedeutung für die Gesamtstadt

Aus Sicht der Mietervereine sind die Fantasiezuschläge ein massiver Angriff auf den Mietspiegel und ein weiterer Versuch die Mieten weiter nach oben zu treiben. Denn das Vorgehen hat auch folgen für alle anderen Mieter in Dortmund. Die überhöhten Mieterhöhungen können zum Teil in den nächsten Mietspiegel einfließen.

„Es ist wichtig, dass sich möglichst viele Vonovia Mieter gegen das Vorhaben wehren. Wenn Vonovia mit ihren Fantasiezuschlägen durchkommt, treibt das zum einen die Mieten für alle Mieter in Dortmund. Wenn das Vorgehen durch die Gerichte gestoppt wäre, hätte dies Signalwirkung für Vonovia, aber auch andere Vermieter“, erläutert Susanne Neuendorf, Geschäftsführerin des DMB Mieterbund Dortmund e.V., Mieterschutzverein

Crowd-Funding

Häufig sind die strittigen Mieterhöhungen im Vergleich zu möglichen Prozesskosten gering. Gerade für Mieter mit wenig Einkommen, könnte das Risiko eines Prozesses daher zu hoch eingeschätzt werden. Da es sich hier um eine grundsätzliche Frage handelt, die Auswirkung für alle Mieter in Dortmund hat, möchten die Dortmunder Mietervereine möglichst viele Vonovia Mieter dabei unterstützen sich gegen die Mieterhöhungen zu wehren. Möglichst viele der Fantasiezuschläge sollen gerichtlich geklärt werden.

Die Mietervereine selbst dürfen ihre Mitglieder nicht vor Gericht vertreten. Im Falle einer abgeschlossenen Rechtsschutzversicherung über die Mietervereine, würden maximal 150 € Prozesskosten für die Mitglieder entstehen, falls sie das Verfahren nicht oder nur teilweise gewinnen würden

Um möglichst viele Mitgliedern eine Klage zu ermöglichen, haben die Mietervereine eine Crowd-Funding Kampagne gestartet: https://www.startnext.com/gegen-fantasiezuschlaege-von-v

„Aus unserer Sicht sind die Mieterhöhungen in der Höhe nicht berechtigt und es lohnt sich gegen Vonovia vor Gericht zu kämpfen. Da Vonovia erneut rechtliches Neuland ausprobiert, können wir allerdings nicht sicher sagen, wie die Dortmunder Gerichte entscheiden werden“,erläutert Markus Roeser, Wohnungspolitischer Sprecher Mieterverein Dortmund e.V., „unsere Mitglieder stehen daher vor der Wahl, ob sich das Verfahren für sie persönlich lohnt. Es ist aber für einen großen Teil der Mieter unserer Stadt relevant, dass Vonovia hiermit nicht durchkommt. Daher haben wir erstmalig eine Crowd-Funding Kampagne gestartet und werben für eine Unterstützung.“

Forderung an Vonovia: „Stoppt die Mieterhöhungen mit Fantasiezuschlägen!“

Besser als eine Klärung vor Gericht wäre es selbstverständlich, wenn Vonovia seine Fantasiezuschläge wieder in der Schublade verschwinden ließe. „Beide DMB Mietervereine fordern daher Vonovia auf Mieterhöhungen mit Fantasiezuschlägen in Zukunft zu unterlassen und bei laufenden Verfahren auf Zustimmungsklagen zu verzichten und die erteilten Zustimmungen auf den Mittelwert zu akzeptieren“,  so Neuendorf und Roeser.

Ansprechpartner für Rückfragen

Markus Roeser, Wohnungspolitischer Sprecher Mieterverein Dortmund und Umgebung e.V.

Tel: 0231 / 55 76 56 36 Mail: markus.roeser@mvdo.de

Susanne Neuendorf, Geschäftsführerin DMB Mieterbund Dortmund e.V., Mieterschutzverein

Tel: 0231 / 58 44 86 0  Mail: service@mieterschutz.com

Anlage Beispiele aus der Argumentation der Vonovia

  1. Zuschläge für vermeintlich überdurchschnittlichen Standard

 Waschmaschinenanschluss inkl. -stellplatz in der Wohnung

„Der Waschmaschinenanschluss in der Wohnung kann durchaus als wohnwerterhöhend betrachtet werden, da die Wäsche nicht bis in den Keller getragen werden muss. Die Wege werden kurz gehalten“ (Stellungnahme Vonovia)

Einschätzung Mietervereine

Ein Waschmaschinenanschluss und Stellplatz in der Wohnung ist als Standardausstattung anzusehen und kann bereist über einfach Abzweigungen hergestellt werden In einigen vorliegenden Fällen ist zwar ein Anschluss, aber kein Abfluss vorhanden. Mieter müssen die Waschmaschine beispielsweise in die Badewanne abfließen lassen. Sofern kein Trockner in der Wohnung aufgestellt werden kann, muss die Wäsche zudem dennoch in den Trockenraum getragen werden. Im Zweifel muss die dann nasse und schwerere Wäsche durch das Haus getragen werden.

Die Höhe de verlangten Zuschlags aus bekannten Fällen von 0,09 €/m² – 0,12 €/m² zeigt im Vergleich zum Mietspiegel-Zuschlag für die Modernisierung des gesamten Badezimmers (+0,18 €/m² bei Modernisierungen nach 2025; + 0,08 €/m² Modernisierung 2009 bis 2014) die Unerheblichkeit dieses Ausstattungsmerkmals.

Handtuchheizkörper

„Dieser kann ebenfalls als positives Ausstattungsmerkmal aufgeführt werden, da dieser das Bad heizt. Feuchte Handtücher werden schneller getrocknet, sodass weniger Feuchtigkeit im Raum ist. Dies beugt Schimmelbildung vor. Zudem können die Kleidung oder Handtücher erwärmt werden. Zudem sind sie meist platzsparender als herkömmliche Heizkörper“ (Stellungnahme Vonovia)

Einschätzung Mietervereine

Das ein Heizkörper einen Raum heizt ist selbstverständlich. Andersherum wäre ein fehlender Heizkörper ein Substandard. Bei einer Badsanierung und im Neubau ist der Handtuchheizkörper überdies seit Jahren beobachteter Standard. Beides wird an anderer Stelle des Mietspiegels bereits berücksichtigt. So sieht der Mietspiegel für die gesamte Modernisierung des Badezimmers einen Zuschlag von 0,18 €/m² vor. Dagegen soll ein Mieter in der südlichen Innenstadt im Neubau (Baujahr 2017) für einen Handtuchheizkörper 0,25 €/m² (knapp 14 €/Monat) mehr zahlen.

Inwiefern einer Schimmelbildung vorgebeugt wird, ist zweifelhaft. Zum einen wird die Heizleistung bei einer dauerhaften Nutzung für Kleidung und Handtücher eingeschränkt. Für die Luftfeuchtigkeit ist der Bauzustand, sowie das Heiz- und Lüftungsverhalten entscheidend, nicht der Heizungstyp.

„Bevorzugter Stadtteil“ Dortmund Eving, Brechten

Der Stadtteil Brechten gehört zum Stadtbezirk Dortmund Eving. Dieser ist durch viele Grünflächen bzw. Naherholungsgebiete geprägt. So befindet sich das Naturschutzgebiet Auf dem Brink, das Wandergebiet Lappen ohne Kronen, das Naturschutzgebiet Herrentheyer Wald, der Volkspark sowie die nationalen Waldgebiete Süggelwald und Grävingholz in unmittelbarerer Nähe. Zudem ist der Dortmund-Ems-Kanal bei Holthausen in wenigen Minuten mit dem Auto erreichbar. Diese Orte laden zum Verweilen und zu Spaziergängen in der Natur ein. Eine gute Verkehrsanbindung ist durch die Bus- und U-Bahnhaltestellen sowie die Nähe zu der A2 gegeben. Ferner sind einige Restaurants und Kindergärten nicht weit entfernt. Läden des täglichen Bedarfs, wie z. B. Netto oder Rewe, sind fußläufig erreichbar. Die Lage ist somit wohnwerterhöhend anzusehen. (Stellungnahme Vonovia)

Einschätzung Mietervereine

Typisch für Dortmund als Großstadt ist daher großflächige Struktur, mit mehr als 60 einzelnen Stadteilen, von denen viele urbanen und viele geradezu dörflichen Charakter haben. 63 % der Fläche der Stadt besteht aus Grünflächen, die zum größten Teil zugänglich sind. Die von der Vonovia beschriebene Nähe des Mietobjektes zu Grünflächen ist dementsprechend kein besonderes Merkmal, sondern stadttypisch. Im Übrigen ist die von Ihnen beschriebene unmittelbare Nähe zu den Grünflächen relativ. Tatsächlich bedarf es eines Fußweges von ca. 30 Minuten, um die Gebiete zu erreichen. Tatsächlich kann von nahezu jedem Ort in der Stadt mit einem solchen Fußweg eine Grünfläche zur Naherholung erreicht werden. Vonovia beschreibt dementsprechend eine stadttypische Lage, die keinen Mehrwert bedeutet. Auch die Möglichkeit einer Autofahrt zum Dortmund-Ems-Kanal kann sicherlich nicht als wohnwerterhöhend betrachtet werden.

  1. Wohnwertmindernde Merkmale aus Sicht der Mietervereine

Kleines Badezimmer

„Ein kleines Badezimmer stellt nicht zwangsläufig einen Nachteil dar. Die Größe der Räume ist gemäß aktuellem Mietspiegle nicht von Bedeutung. Zudem weisen die Wohnräume eine größere Wohnfläche auf, sofern das Bad von kleiner Größe ist“ (Stellungnahme Vonovia)

Einschätzung Mietervereine

Das Merkmal soll kein Gewicht haben können, weil es im Mietspiegel nicht genannt sei. Mit dem Argument entzieht Vonovia seinen eigenen Spannenzuschläge die Grundlage.

Das vorhandene Badezimmer ist unterdurchschnittlich klein und eng. Es reicht gerade aus, um die üblichen Sanitärgeräte wie Spülstein, Badewanne, und Toilette unterzubringen. Für eine Bewegungsfreiheit innerhalb des Badezimmers verbleibt darüber hinaus kein Raum. Dies führt dazu, dass weder ein Wäscheständer für Kleinwäsche aufgestellt werden kann noch ausreichende Bewegungsfläche für Reinigungsarbeiten im Bad besteht.

Badezimmer ohne Fenster

„Innenliegende Badezimmer sind meist mit einem Lüftungsgitter oder Ähnlichem ausgestattet, sodass ein Fenster nicht zwangsläufig erforderlich ist. Im Zweifel kann eine Lüftung des Raumes erfolgen, indem die Tür zum Bad aufgelassen wird. Auf diese Weise kann die Luft zirkulieren“ (Stellungnahme Vonovia)

Einschätzung Mietervereine:

Ob eine Lüftung vorhanden ist, weiß Vonovia für den konkreten Fall offenbar nicht (!) („meist mit einem Lüftungsgitter…“). Ein fehlendes Fenster im Bad wird allgemein als nachteilig wahrgenommen. Bei der Frage der Lüftung eines Badzimmers und gerade bei einer vorhandenen Toilette, geht es nicht nur um Luftfeuchtigkeit. Auch Toilettenübliche Gerüche möchten die meisten Menschen nicht über die Wohnung entlüften.

Setzungsrisse

„Setzungsrisse lassen sich aufgrund des Verkehrs nicht verhindern. Diese sind im Laufe der Zeit leider als üblich anzusehen“ (Stellungnahme Vonovia)

Einschätzung Mietervereine:

Setzungsrisse sind zwar in vielen Häusern vorhanden, aber sicherlich keine standardmäßige Belastung in allen Häusern in Dortmund. Im Gegenteil gehen wir davon aus, dass sie von den meisten Menschen als wohnwertmindernd aufgefasst werden, deuten sie doch auf Mängel am Haus hin. Die Tatsache, dass sie nicht verhindert werden können, sagt nichts darüber aus, ob sich ein Merkmal wohnwertmindernd auswirkt.

Nicht beheizbare Küche

„Dieser Aspekt ist nicht zwangsläufig nachteilig. Die Küche wird nicht als Wohnraum aufgefasst. Zudem wird dieser automatisch beim Kochen und Backen aufgezeigt. Ihre Wohnung weist eine offene Küche auf, sodass die Küche indirekt mit geheizt wird“ (Stellungnahme Vonovia)

Einschätzung Mietervereine

Die Wohnung hat keine klassische offene Küche. Inwiefern eine nicht beheizbare Küche kein Nachteil sein soll, ist nicht nachvollziehbar. Die Zubereitung eines Frühstücks und Kaffeekochen würde sicher nicht ausreichen, um einen Raum aufzuheizen.

Bereits in den für den öffentlich geförderten sozialen Wohnungsbau bis zum Jahre 1985 geltenden gesetzlichen Vorschriften galten für Wohnungen Mindestanforderungen, die erfüllt sein müssen. Dazu gehören Heizkörper in allen Wohnräumen inklusive Bad und Küche (nicht in Abstellräumen oder Fluren).


[i] Pressemitteilung Mieterverein Dortmund und Umgebung e.V, vom 06.02.2025, Vonovia bei Mieterhöhungen erfinderisch: Neue Fantasiezuschläge für (noch) höhere Mieten: Mieterverein Dortmund und Umgebung e.V. (www.mvdo.de)

[ii] Bericht der Ruhr-Nachrichten vom 10.02.2025: https://www.ruhrnachrichten.de/dortmund/vonovia-mieterin-mietererhoehung-schock-diese-fantasiezuschlaege-lasse-ich-mir-nicht-bieten-w995750-2001550031/

[iii] Pressemitteilung Nr. 16/25 des Berliner Mieterverein e.V., Vonovia lässt sich ÖPNV und Nahversorgung zahlen (www.berliner-mieterverein.de)